Donnerstag, 30. September 2010

heute mal



heute mal II Der Koenig 2010

heute schreib ich dir mal

kratze an deiner tür

in deine tür

bin etwas schief dabei

virtuelle schiefertafelrumreimerei

egal

heute schreib ich dir mal

heute trink ich dich mal

aus angeschlagenem glas

wie guten wein

oder

schweres wasser

werde mich ertrinkend betrinken

egal

heute trink ich dich mal

heute küss ich dich mal

küss dir vom körper dein kleid

deine unbeschreibliche unbescheiblichkeit

küsse dich

küss mich

egal

heute küss ich dich mal




Freitag, 2. April 2010

die art

es ist die art
wie du den atem anhältst
wenn du mir mit deiner hand
den mund verschliesst
die art
wie du dinge betrachtest
bevor du sie meinen augen übergibst

ich liege in der hängematte
und wiege mich hin
du sitzt im gras und
schaukelst in jede richtung
stricke mir täglich tarnkappen aus
zuckersüssen worten
die du mir lachend wieder vom kopf pustest
sprichst leise zu mir
ohne stimme
öffnest mich und
füllst auf
was vorher leer
die mona lisa verkommt zur skizze
wenn du mit den fingern bilder in die luft malst
lässt die anderen aufheulen
triefend vor salz und
bewegungslos verkrustet
lebendige vogelscheuchen
zeigtest mir deine heimat
wo der westen so herrlich weit weg
wo man den mund einer weinflasche
lachend küsst
und
uralte bäume
und
oliven
und
weiches licht
überall
orte
wo sogar der sargtischler fröhlich summt
weil er weiss
dass es kein ende gibt
nirgendwo

es ist die art
wie du den atem anhältst


copyright by DerKoenig 2010


Donnerstag, 1. April 2010

Karma-Polizei

Na mein Freund, aufgewacht und lebensmüde?
Haben sie dich mit Scherbenmus gefüttert oder
warum klingst du so aufgekratzt.
Ach so, du bist wütend.
Wütend ?
Auf wen?
Auf mich?
So viele Mittelfinger hast du gar nicht.
Wütend?
Auf alles?
Auf das Leben?
Wütend auf euren täglichen Wettkampf im Nasebohren?
Wütend auf eure blickdichten Gesichter?
Neidisch auf all jene, denen Zuckersand durch ihre Sanduhren perlt?
Oder Diamantenstaub.
Auf einmal?
Du bist doch Leistungsträger.
Du bist Deutschländer.
Hattest es doch geschafft, immer mit dem Blick der Sieger.
Ein wilder Ritt auf dem stählernden Bullen.
Vorwärts, Atamane!
Das Glück ist in der Hand der Unsrigen!
Das Recht sowieso und überhaupt.
Vorausschauend herabschauend auf all die Gescheiterten.
Und nun macht es keinen Spaß mehr?
Doch, oder?
Sicher gingst du mit offenen Augen durch das Leben,
aber die Bilder kamen ja nie richtig an.
Endstation Chiasma.

Da stehst du nun, mit all den anderen Beleuchteten,
in der Kantine der Macher.
Aufgesetzte Pausenfröhlichkeit, denn man hat ja
heute schon was geleistet.
Aus Timur und sein Trupp wurde die Olsenbande.
Aneinandergereiht wie nasse Vögel,
an der großen Essensausgabe.
Jetzt wird getafelt.
Ihr tafelt immer.
Was gibts?
Götterspeise?
Das haben wir uns verdient!
Aber statt Manna, verteilt man hier nur gefärbte Gelatine mit Weltmeistergeschmack und den Vitaminen B, A, S und F.
Es lebe die Künstlichkeit.
Schade.
Der Einzige, der hier wirklich Spaß hat, ist der Koch.
Wie immer.
Was fehlt dir denn noch?
Anerkennung?
So ist die Welt, jeder denkt an Sisyphos und keiner an den Stein.
Der wird trotzdem gerollt und früher war alles besser.
Aus verfälschten Erinnerungen werden Lebenslügen.
Du kennst das Leben?
Durch deine Lebensuhr ist doch noch nie
der Sand von Stierkampfarenen gelaufen !
Wo ist sie hin, deine gefühlte mystische Schlaksigkeit?
Hörst du nicht jeden Abend, wie die Matratze unter dir wimmert?
Deine Träume langweilen sie.
Wütend?
Wütend auch auf Amor, diesen verlogenen, kleinärschigen Schützen?
Hat er nicht richtig gezielt?
Nur weil aus deiner Madonna, eine untermotivierte Schwester mit Inventarnummer geworden ist, die dir den Hintern nicht mehr abwischen mag?
Die Aussicht auf das tägliche Salben deiner Hämorrhoiden
irgendwann, hat sie fortgetrieben.
Warst du nicht immer für die Frauenwelt DIE ERlösung?
Und jetzt?
Keine Lust mehr auf Elfenfleisch?

Magst nicht mehr?
Genug durch die Reifen gekrochen?
Dann spring doch, aber wieder auferstehen wirst du nicht.
Also lass es lieber gleich.
Versuch es mal mit dem aufrechten Gang.
Oder warte weiter auf den großen Lumpensammler.
Der nimmt alles mit.
Sogar dich.

Tschüss.

copyright by DerKoenig2010

Drei Einkaufstüten

Da sitzt du nun, mit deinen drei Einkaufstüten in der Hand.
Haupteigenschaft:dreissigjährige Unaufälligkeit mit schicker Frisur.
In deiner Nähe erwartet man Kernseife mit Edelparfüm
und wird nicht enttäuscht.
Das gereihte halbe Doppelhaus inklusive.
Dein letzter Mann hat es dir gnädig überlassen,
damit du versorgt bist.
Ein magenkranker Hohlkopf, der täglich das Evangelium verkünden
wollte und in seiner Firma doch nur das Telefonbuch durchbuchstabierte.
Er ist abgehauen.
Zum Durchbrennen war er zu sehr vierzig und lauwarm,
also blieb er einfach weg.
Trotzdem sehnst du dich wieder, nach einer dieser morschen Lebensgemeinschaften.
Viel zu pessimistisch, um an Freundschaften zu glauben.
Am Wochenende gehst du deshalb aus und stehst dann da, in deinen Stilettos, die geleckt werden wollen, aber an dir wie Hausschuhe aussehen. Rotlackierte Filzpantoffeln, mehr nicht.
Lässt dir Drinks ausgeben und beutelst deine Beute,
die um Audienz bettelt und nie wirklich dich meint.
Cool, wie die meisten urbanen Eisbomben in den Vergnügungstempeln.
Und wenn du dann doch mal irgendein Designerlaken durchwühlst,
festgekrallt in einen Fitnessarsch auf dem man Nüsse knacken könnte,
weisst du, daß es wieder nicht die drei Haselnüsse für Aschenbrödel sein werden.Hoffst nur, nicht auf der feuchten Seite des Lakens liegenzubleiben.
Liegenbleiben lohnt sich nie, denn beim ersten Sonnenstrahl zerfällt die Nähe zu Nichts.
Verkriechst dich ab und an in die absurde Virtualität und bloggst dein Leben.
Tagebücher, die aufgrund der Selbsterhaltung, nie besonders ehrlich sind und trotzdem beklatscht und bedauert werden.
Ansonsten interessiert dich Literatur wenig.
Du hast deinen eigenen Kopf, rufst du dann mit haarsträubender Borniertheit.
Hörst wie deine Freundinnen, den ganzen Tag Techno oder Ballermann-Fun-Tracks.
Lahmarschige Musik, mit schnellen Beats grell überschminkt und
wirst nie begreifen, daß Musik eigentlich nicht für Ohren gemacht wird.
Selbst Opa hat schon Marschlieder gebumst, warum also nicht.

Da sitzt du nun, mit deinen drei Einkaufstüten in der Hand,
denkst an deinen Geburtstag morgen und die Riesenparty und
schaust vom Küchentisch hinaus in den Garten.
Beobachtest die Meisen in der Hecke und dein Gesicht wird schmal.
Da ist auf einmal diese Ahnung.
Drei Einkaufstüten, für jedes gelebte Jahrzehnt eine.
Aus Plastik und angefüllt mit nutzlosen Sinnlosigkeiten.
Ein Leben als Shopping-Tour.
Du blickst auf die Einkaufstüten, denkst an das, was noch kommen mag und wirst zur Küchentisch-Kassandra und merkst, wie schwach wir doch sind.
Selbst für einen Blick in die vielgepriesene Sonne, brauchen wir geschwärztes Glas und heulen deshalb aus Bequemlichkeit lieber den Mond an.

Dann lässt du die Einkaufstüten los, stehst auf und gehst hinaus in den Garten.
Dir fällt zum ersten Mal auf, wie gesund Steine doch aussehen.
Und wie lebendig...

copyright by Der Koenig2010

Reis

Er wurde dreimal getauft.
Beim ersten Mal gar nicht.
Man legte damals keinen Wert auf uralte Rituale.
Dem Knaben würden so oder so zwei Hörner wachsen,
mit oder ohne Gottes Hilfe.
Später versuchte ihn ein Missonar und drückte ihm,
bedrohlich zwinkernd, das Buch der Bücher in die Hand
Er schwartete es neugierig durch und suchte.
Erleuchtet gab er es zurück.
" Und mein Sohn, war es gut? ".
" Es ist nicht gut genug, ich hätte es selber schreiben sollen."
" Du bist der Leibhaftige! ", schrie er ihn an.
" Nein, ich bin Pittiplatsch, der Liebe! ", erwiderte er ruhig,
mit einem Ego, daß bis zu den Plejaden reichte.
Beim zweiten Mal, taufte ihn ein Sonnenaufgang am Ionischen Meer,
der sich glühend für immer einbrannte und ihn festband.
Am Hier und Jetzt.
Von nun an schenkte er dem, was ihn umgab Aufmerksamkeit.
Mehr, als der Welt, die er sich bis dahin verspielt träumend erspielt hatte.
Die dritte Taufe war ein Wodka/Cranberry,
den ihm eine verletzte und betrogene Heilige, mit den Worten:
" Du verdammtes Arschloch! ", über den Schädel kippte und damit
sein immer noch rotglühendes Ego kurzfristig abschreckte.
Zum Hörner abrechen, taugt Wodka aber nicht, ganz im Gegenteil.
Er hasste diese weibliche Urangst, irgendwann mal als
Eleanor Rigby zu enden und nur noch den Reis aufzufegen.
Warum wollen sie so gern damit beworfen werden,
zur Not auch zum zweiten oder dritten Mal?
Wer sollte ihm schon eine besser Hälfte sein?
Seine Welt drehte sich weiter und die Sonne umkreiste ihn.
Er rügte Dummheit mit einem Lächeln und Arroganz mit einem
" Schick! ".
Geilheit nahm er, wie sie kam.
Ohne List und mit Lust am Leben.
Widrigkeiten sammelte er und warf sie regelmässig lässig,
in jeden ersten Drink des Wochenendes.
Die erste und die letzte Ölung in einem Zug.
Er bekam so manches Glas angeboten,
doch keine vermochte ihm scheinbar das Wasser zu reichen.
Es fühlte sich nie richtig an.
Falsches Glas, falsches Lächeln, falsche Zeit.
Zeit war ihm zu wichtig, als daß er sie totzuschlagen gedachte.
Aber es gab auch Momente, in denen Uhren ausfielen.
Momente, in denen er so fest und sanft im Arm festgehalten wurde,
daß er sich schwerelos fühlte und keinen festen Boden unter sich brauchte.
Es waren die Guten.
Er erklomm Leitern und fiel sie wieder herunter.
Niemand hatte ihn gelehrt, daß man Leitern nicht vorwärts wieder hinabsteigt.
Er fiel und stand wieder auf.
Es gab keine Alternative.
Bis eines Tages eine Stimme in seinem Kopf anfing diabolisch zu flüstern:
" Bleib doch liegen, bleib einfach liegen, wehr dich nicht, es lohnt sich.".
" Ich denk nicht dran, bin zu groß, um nur zu liegen! ", schrie er zurück.
Dann schlug ihn irgendetwas, schmerzvoll hämmernd und drückte ihn
mit unsichbarer Hand zu Boden.
Jemand kam und zeigte ihm eine Uhr und sagte:
" Schau, solange hast du noch.
Mach was draus, Pittiplatsch! "
" Ach, du meinst es ist bereits fünf vor zwölf? ", fragte er besorgt zurück.
" Falsche Frage, die zwölf hast du gar nicht mehr auf der Uhr, mein Lieber! ".
Da staunte er nicht schlecht, denn wer an nichts glaubt,
dem bleibt nur ungläubiges Staunen, irgendwann.
Er hatte doch noch so viel vor, oder doch nicht?
Hörner hin, Hörner her, Hörner hoch.
So verlor er allmählich das, was man Existens nannte und löste
sich im Licht auf.

Als er wieder zu sich kam, fegte er gerade die Stufen der alten Kapelle und fluchte mit weicher Stimme:
"Verdammter Reis !..."


copyright by Der Koenig2010