Donnerstag, 1. April 2010

Reis

Er wurde dreimal getauft.
Beim ersten Mal gar nicht.
Man legte damals keinen Wert auf uralte Rituale.
Dem Knaben würden so oder so zwei Hörner wachsen,
mit oder ohne Gottes Hilfe.
Später versuchte ihn ein Missonar und drückte ihm,
bedrohlich zwinkernd, das Buch der Bücher in die Hand
Er schwartete es neugierig durch und suchte.
Erleuchtet gab er es zurück.
" Und mein Sohn, war es gut? ".
" Es ist nicht gut genug, ich hätte es selber schreiben sollen."
" Du bist der Leibhaftige! ", schrie er ihn an.
" Nein, ich bin Pittiplatsch, der Liebe! ", erwiderte er ruhig,
mit einem Ego, daß bis zu den Plejaden reichte.
Beim zweiten Mal, taufte ihn ein Sonnenaufgang am Ionischen Meer,
der sich glühend für immer einbrannte und ihn festband.
Am Hier und Jetzt.
Von nun an schenkte er dem, was ihn umgab Aufmerksamkeit.
Mehr, als der Welt, die er sich bis dahin verspielt träumend erspielt hatte.
Die dritte Taufe war ein Wodka/Cranberry,
den ihm eine verletzte und betrogene Heilige, mit den Worten:
" Du verdammtes Arschloch! ", über den Schädel kippte und damit
sein immer noch rotglühendes Ego kurzfristig abschreckte.
Zum Hörner abrechen, taugt Wodka aber nicht, ganz im Gegenteil.
Er hasste diese weibliche Urangst, irgendwann mal als
Eleanor Rigby zu enden und nur noch den Reis aufzufegen.
Warum wollen sie so gern damit beworfen werden,
zur Not auch zum zweiten oder dritten Mal?
Wer sollte ihm schon eine besser Hälfte sein?
Seine Welt drehte sich weiter und die Sonne umkreiste ihn.
Er rügte Dummheit mit einem Lächeln und Arroganz mit einem
" Schick! ".
Geilheit nahm er, wie sie kam.
Ohne List und mit Lust am Leben.
Widrigkeiten sammelte er und warf sie regelmässig lässig,
in jeden ersten Drink des Wochenendes.
Die erste und die letzte Ölung in einem Zug.
Er bekam so manches Glas angeboten,
doch keine vermochte ihm scheinbar das Wasser zu reichen.
Es fühlte sich nie richtig an.
Falsches Glas, falsches Lächeln, falsche Zeit.
Zeit war ihm zu wichtig, als daß er sie totzuschlagen gedachte.
Aber es gab auch Momente, in denen Uhren ausfielen.
Momente, in denen er so fest und sanft im Arm festgehalten wurde,
daß er sich schwerelos fühlte und keinen festen Boden unter sich brauchte.
Es waren die Guten.
Er erklomm Leitern und fiel sie wieder herunter.
Niemand hatte ihn gelehrt, daß man Leitern nicht vorwärts wieder hinabsteigt.
Er fiel und stand wieder auf.
Es gab keine Alternative.
Bis eines Tages eine Stimme in seinem Kopf anfing diabolisch zu flüstern:
" Bleib doch liegen, bleib einfach liegen, wehr dich nicht, es lohnt sich.".
" Ich denk nicht dran, bin zu groß, um nur zu liegen! ", schrie er zurück.
Dann schlug ihn irgendetwas, schmerzvoll hämmernd und drückte ihn
mit unsichbarer Hand zu Boden.
Jemand kam und zeigte ihm eine Uhr und sagte:
" Schau, solange hast du noch.
Mach was draus, Pittiplatsch! "
" Ach, du meinst es ist bereits fünf vor zwölf? ", fragte er besorgt zurück.
" Falsche Frage, die zwölf hast du gar nicht mehr auf der Uhr, mein Lieber! ".
Da staunte er nicht schlecht, denn wer an nichts glaubt,
dem bleibt nur ungläubiges Staunen, irgendwann.
Er hatte doch noch so viel vor, oder doch nicht?
Hörner hin, Hörner her, Hörner hoch.
So verlor er allmählich das, was man Existens nannte und löste
sich im Licht auf.

Als er wieder zu sich kam, fegte er gerade die Stufen der alten Kapelle und fluchte mit weicher Stimme:
"Verdammter Reis !..."


copyright by Der Koenig2010